Das spektakuläre Börsendebüt von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) an der Frankfurter Wertpapierbörse hat nicht nur Anleger begeistert – auch an der Ostseeküste in Wismar läutet es eine neue industrielle Ära ein. Der Spezialist für konventionelle U-Boote erzielte zum Handelsstart einen Erstkurs von 60 Euro und stieg zeitweise auf 107 Euro. Mit einer Marktkapitalisierung von zeitweise über 10 Milliarden Euro übertraf TKMS selbst die optimistischsten Analystenerwartungen deutlich.
Anleger und Marktbeobachter werten das Debüt als „fulminanten Start“ und als Beleg dafür, dass der Rüstungssektor – lange Zeit politisch umstritten – wieder als Wachstumsbranche gilt. Auch für den Mutterkonzern Thyssenkrupp ist der Spin-off ein Befreiungsschlag: Er bringt frisches Kapital, reduziert Risiken und schafft Transparenz über die Bewertung des Marinesektors. Der Konzern bleibt über eine Minderheitsbeteiligung von 25 Prozent an Bord.
Wismar rückt in den Mittelpunkt
Für die Wirtschaftsregion Mecklenburg-Vorpommern ist der Spin-off weit mehr als ein Kapitalmarktereignis. TKMS-Vorstandschef Oliver Burkhard kündigte an, die Werften in Kiel und Wismar umfassend auszubauen. In Wismar sollen bis zu 1.500 neue Arbeitsplätze entstehen – ein starker Strukturimpuls für die maritime Industrie der Region.
Die Investitionen sollen nicht nur bestehende Anlagen modernisieren, sondern Wismar langfristig als zweiten Hauptstandort neben Kiel etablieren. „Wir wollen hier nicht nur montieren, sondern echte Wertschöpfung schaffen“, so Burkhard. Besonders große Hoffnungen ruhen auf einem möglichen Milliardenauftrag der kanadischen Marine über acht bis zwölf konventionelle U-Boote. Sollte dieser Zuschlag erfolgen, würden die Boote sowohl am Stammsitz in Kiel als auch in Wismar gebaut werden.
Rekordauftragsbestand bis in die 2040er-Jahre
Mit rund 9.000 Beschäftigten und einem Auftragsbestand von 18,6 Milliarden Euro profitiert TKMS von der globalen Aufrüstungswelle. Ein Großteil davon entfällt auf den Bau von zehn U-Booten der Klasse 212CD (sechs für Deutschland, vier für Norwegen), was die Auslastung der Werften langfristig sichert. Die Auftragsbücher reichen damit bis in die frühen 2040er-Jahre.
Durch die Eigenständigkeit gewinnt TKMS nach Unternehmensangaben mehr unternehmerischen Handlungsspielraum, um auf internationale Ausschreibungen flexibler reagieren zu können. Das Management strebt ein Umsatzwachstum von rund zehn Prozent sowie eine operative Marge von über sieben Prozent an – ambitionierte Kennzahlen, die den Anspruch unterstreichen, sich unter den führenden europäischen Marinesystem-Herstellern zu etablieren.
Politische Rahmung und Risiken
Thomas Book, Vorstandsmitglied der Deutschen Börse, bezeichnete den Börsengang als „politisches Signal für die Verteidigungsfähigkeit“ Deutschlands. Zugleich bleibt das Geschäft stark von politischen Entscheidungen und Exportgenehmigungen abhängig. Der Bund hat sich deshalb umfangreiche Einflussrechte gesichert, darunter ein Vetorecht bei Beteiligungsveräufen ab 25 Prozent.
Fachleute weisen zudem darauf hin, dass die starke Ausrichtung auf den militärischen Schiffbau das Unternehmen anfällig für geopolitische Spannungen macht. Burkhard betont dagegen die Chancen: „Sicherheit wird zur Zukunftsindustrie – und wir liefern die Technologie dafür.“
Für die regionale Wirtschaft an der Ostseeküste bleibt entscheidend, dass die angekündigten Investitionen zügig umgesetzt werden. Der Erfolg des Börsengangs schafft dafür die Voraussetzung – und könnte Wismar zu einem zentralen Standort der europäischen Marineindustrie machen.















