Auch das Jahr 2025 hat bislang nicht den erhofften Aufschwung gebracht. Die gewerbliche Wirtschaft in MV beurteilt aktuell ihre Geschäftslage zwar etwas besser als bei der Vorumfrage im Frühsommer 2025 (FS 25). Der Geschäftslagesaldo (Differenz zwischen positiven und negativen Einschätzungen) steigt auf 20 Prozentpunkte (FS 25: 15 Prozentpunkte). Die Erwartungen für die kommenden 12 Monate haben sich gegenüber der Vorumfrage dagegen nicht aufgehellt. Der Erwartungssaldo liegt wie schon im Frühsommer 2025 bei -19 Prozentpunkten. Die etwas günstigere Geschäftslage bei unveränderten Erwartungen führt zu einem um drei Indexpunkte gestiegenen Konjunkturklimaindikator. Mit 98 Indexpunkten liegt er noch weit entfernt vom 10jährigen Mittel von 110 Indexpunkten.
Von den Kosten – Arbeits-, Energie- und Rohstoffkosten – gehen für die Unternehmen die größten Risiken für ihre Geschäftsentwicklung aus. Die Arbeitskosten werden zum 1. Januar 2026 aufgrund der Anhebung des Mindestlohns auf 13,90 € steigen. Dies führt nicht nur bei den Unternehmen, die zum Mindestlohn beschäftigten, zu einer Steigerung der Arbeitskosten. 47 % der Unternehmen werden den Lohn zum Erhalt des Lohngefüges auch für die höheren Lohngruppen nach oben anpassen. Darüber hinaus werden die Lohnnebenkosten aufgrund erhöhter Zusatzbeiträge der Krankenkassen und der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken- und Pflegeversicherung steigen. Wie sich die Energiekosten ab Jahresbeginn 2026 entwickeln werden, ist noch unsicher. Besorgt sind die Unternehmen bzgl. der längerfristigen Energiepreisentwicklung. Sie fürchten steigende Netzkosten und einen höheren CO2-Preis aufgrund der Änderungen im CO2-Zertifikatehandel ab 2027.
An dritter Stelle unter den Geschäftsrisiken stehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Die meisten Unternehmen kritisieren unter diesem Stichwort insbesondere die Bürokratie, die in den Unternehmen immer mehr Arbeitskraft bindet und die Umsetzung von unternehmerischen Vorhaben verzögert.
Die anhaltend ungünstigen Erwartungen belasten die Investitionsbereitschaft. 38 % der Unternehmen planen für die kommenden 12 Monate mit geringeren Investitionsausgaben und nur 22 % der Unternehmen mit höheren Investitionsbudgets. Selbst die seit 1. Juli 2025 verbesserten Abschreibungsbedingungen konnten offenbar kaum die Investitionstätigkeit anregen. Die Unternehmen führen vor allem Ersatzinvestitionen durch.
Die schlechte konjunkturelle Lage macht sich in den Beschäftigungsplanungen bemerkbar. Nur 8 % der Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Beschäftigtenzahl in ihrem Unternehmen in den kommenden 12 Monaten erhöhen wird, 24 % der Unternehmen rechnen mit einem Rückgang. Sie haben zum Teil Absatzschwierigkeiten, andere streben Rationalisierungen zur Senkung der Arbeitskosten oder zur Abfederung des Fachkräftemangels an. Der Arbeits- und Fachkräftemangel hat allerdings insgesamt in der Region nachgelassen. Er wird nur noch von 47 % der Unternehmen als Geschäftsrisiko genannt und steht damit an fünfter Stelle unter den Geschäftsrisiken. Jedes zweite Unternehmen hat aktuell keinen weiteren Personalbedarf. Auf der anderen Seite geben noch immer 35 % der Unternehmen an, dass sie ihre offenen Stellen nicht besetzen können.
Gegenüber der Vorumfrage vom Frühsommer 2025 haben sich die Exporterwartungen verbessert.
Damals herrschte aufgrund der noch laufenden Zollverhandlungen besonders große Unsicherheit. Die nun festgesetzten Zölle belasten die Unternehmen in Deutschland zwar stark, allerdings können diese ihre Planungen nun auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen.
Die Industrie in Mecklenburg-Vorpommern leidet unter der schwachen inländischen Nachfrage nach Industrieprodukten, so dass der Geschäftslagesaldo von 19 Prozentpunkten im Frühsommer 2025 auf nun 9 Prozentpunkte gefallen ist. Die Unsicherheit über die weitere Nachfrageentwicklung, verbunden mit erwarteten Steigerungen bei Arbeits- und Energiekosten, lässt den Erwartungssaldo auf -13 Prozentpunkte (FS 25: -4 Prozentpunkte) fallen.
Die ungünstigen Erwartungen halten die Industrieunternehmen von Investitionen ab. Neben Ersatzinvestitionen spielen Rationalisierungsinvestitionen eine größere Rolle, um Kosten zu senken. In den vergangenen Monaten sind in Mecklenburg-Vorpommern Industriearbeitsplätze verloren gegangen. Ein weiterer Rückgang der Industriebeschäftigung deutet sich an: Rund ein Viertel der Industrieunternehmen geht in den kommenden 12 Monaten von einer rückläufigen Beschäftigung aus und nur 8 % erwarten einen Anstieg.
Im Baugewerbe hat sich die Geschäftslage verbessert. Die Unternehmen profitieren von einer überwiegend guten Auftragslage. Aufgrund zahlreicher öffentlicher Bauvorhaben – auch im Rahmen des Sondervermögens – ist davon auszugehen, dass die öffentliche Baunachfrage der regionalen Bauwirtschaft auf absehbare Zeit Impulse geben wird. Risiken sehen die Unternehmen vor allem im Fachkräftemangel. Gut 60 % können offene Stellen längerfristig nicht besetzen, etwa 70 % von ihnen suchen Fachkräfte mit einer dualen Berufsausbildung.
Die Lage im Handel hat sich seit der Umfrage vom Frühsommer nicht verändert. Unternehmen, die in einer guten Geschäftslage und solche die in einer schlechten Geschäftslage sind halten sich die Waage. Positive Stimmen kommen aus dem Lebensmitteleinzelhandel, negative Stimmen aus Großhandelsunternehmen, die der Industrie oder der Gastronomie zuliefern. Mit einem Erwartungssaldo von -27 Prozentpunkten blickt der Handel im Branchenvergleich besonders negativ auf die kommenden Monate. Der personalintensive Einzelhandel sieht sich durch die Anhebung des Mindestlohns stark belastet, hat aber aufgrund der Konkurrenz mit dem Onlinehandel und einer schwachen Konsumnachfrage nur geringe Preissetzungsspielräume.
Im Verkehrsgewerbe hat sich die Geschäftslage verbessert. Der Geschäftslagesaldo, der bei der Umfrage im Frühsommer 2025 ausgeglichen war, liegt nun bei +16 Prozentpunkten. Der Erwartungssaldo hat sich aber kaum verändert (-19 Prozentpunkte). Die Unternehmen sehen in der inländischen Nachfrage weniger ein Geschäftsrisiko umso mehr aber in den Kosten für Energie und Arbeit, weil sie die Gewinne unter Druck setzen. Fast 40 % der Unternehmen geben an, dass sie zum Mindestlohn beschäftigen und deshalb am 1. Januar 2026 die Löhne anheben müssen. Knapp 60 % der Unternehmen müssen auch den Lohn für höhere Lohngruppen anheben. 64 % der Unternehmen kündigen an, dass sie in Folge dessen die Preise erhöhen werden.
Auch die Dienstleistungsunternehmen vermelden eine günstigere Geschäftslage. Der Geschäftslagesaldo ist von +21 Prozentpunkten auf nunmehr +29 Prozentpunkte gestiegen. Das Dienstleistungsgewerbe sieht weniger in der inländischen Nachfrage noch in Kostensteigerungen die Hauptrisiken für ihre Geschäftsentwicklung. Hier werden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, insbesondere die Bürokratie als Hemmnisse für die Geschäftsentwicklung betont. Das führt dazu, dass trotz der verbesserten wirtschaftlichen Lage der Erwartungssaldo bei dem negativen Wert von -17 Prozentpunkten verharrt.
Die gewerbliche Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern tritt auf der Stelle. Angesichts einer stagnierenden Gesamtwirtschaft und einer Politik, die dem Reformbedarf kaum gerecht wird, fehlt den Unternehmen zum Teil die wirtschaftliche Grundlage und zum Teil der politische Rückhalt für einen optimistischeren Blick auf die kommenden zwölf Monate. Selbst gut gedachte Anreize wie die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten entfalten (noch) nicht die gewünschte Wirkung.
Deshalb muss die Politik
- den Reformstau in der Arbeits- und Sozialpolitik beseitigen, insbesondere die Lohnnebenkosten senken.
- die angekündigte Entlastung der Unternehmen von bürokratischen Vorgaben umsetzen.
- das Versprechen geringerer Energiekosten für alle Unternehmen einhalten.
- fertig geplante Infrastrukturmaßnahmen zügig realisieren.
- das Sondervermögen zur Initiierung einer konjunkturellen Erholung in der regionalen Wirtschaft nutzen.
Pressemitteilung von IHK Neubrandenburg














