Schwerin. Mecklenburg-Vorpommern stärkt gezielt seine angewandte Forschung, um den Transfer von Innovationen in die Wirtschaft zu beschleunigen und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhöhen. Mit dem neuen Forschungsförderprogramm „Anwendungsorientierte Exzellenzforschung“ stellt das Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten insgesamt 38,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bis 2027 bereit. Die Mittel fließen in Spitzenforschung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land.
Geförderte Forschungsverbünde im Detail
Unter den geförderten Projekten gibt es fünf Forschungsverbünde, wichtige regionale und zukunftsweisende Themen abdecken. Im Einzelnen sind dies:
- KI-TIERWOHL – Smarte Technologien zur Analyse und Sicherstellung des Tierwohls in Forschung und Landwirtschaft: Koordiniert von Prof. Brigitte Vollmar von der Universitätsmedizin Rostock. Das interdisziplinäre Projekt verfolgt einen One-Health-Ansatz, indem es Tierwohl von Nutztieren und Labortieren mithilfe innovativer Technologien und Künstlicher Intelligenz (KI), einschließlich Bildverarbeitung, Bioakustik und Sensortechnologien, erfasst. Ziel ist die automatisierte, kontaktlose und objektive Bewertung von Verhaltensmustern, Lauten und Vitaldaten, um Stress, Beeinträchtigung, Schmerz und emotionalen Status präziser zu beurteilen. Es werden modernste KI-gestützte Analyseverfahren wie maschinelles Lernen eingesetzt. Zudem wird die soziale Akzeptanz und Implementierung der Technologien untersucht. Partner sind führende Wissenschaftler aus Lebens-, Agrar-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften, darunter Universitätsmedizin Rostock, die Universitäten Rostock und Greifswald, das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), das Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) und die Hochschule Neubrandenburg. Das Projekt wurde mit rund fünf Millionen Euro gefördert und hatte am 8. April 2025 seinen Kickoff in Rostock.
- Target-H – Innovative Therapien, smarte Diagnostik und prädiktive oxidative Signalmuster am Beispiel von Hautkrebs: Koordiniert von Prof. Steffen Emmert von der Universitätsmedizin Rostock. Das Projekt widmet sich der Verbesserung von Diagnostik und Therapie bei Hautkrebs, der häufigsten Krebserkrankung. Im Fokus stehen zwei bösartige Formen: Plattenepithelkarzinom und Melanom. Ziel ist die Erprobung neuartiger KI-Diagnostikverfahren sowie die Verbesserung der Behandlung mithilfe einer Kaltplasma-Technologie. Es werden nicht-invasive Diagnosetechnologien mit photonischen Verfahren und KI-gestützter Bildgebung, wie hyperspektrale Bildgebung, entwickelt, unter Beteiligung der Universitätsmedizin Rostock, des Hannoverschen Zentrums für Optische Technologien und der Hochschule Wismar. Die Kaltplasma-Technologie wird von der Universitätsmedizin Rostock und dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald optimiert. Molekulare Analysen und „Omics“-Daten werden an den Universitätsmedizinen Greifswald und Rostock durchgeführt, um Tumorausbreitungsfaktoren und Therapieeffekte zu identifizieren. Alle Daten fließen in ein KI-basiertes klinisches Entscheidungsunterstützungssystem des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung in Rostock ein, um Diagnosen und Therapien zu individualisieren. Das Projekt bündelt regionale Expertise aus fünf Forschungseinrichtungen und stärkt das Comprehensive Cancer Center Mecklenburg-Vorpommern. Es erhielt ebenfalls fünf Millionen Euro für vier Jahre und hatte seinen Auftakt am 25. April 2025. Ein weiteres Projekt der Landesexzellenz-Initiative an der Universitätsmedizin Rostock ist die innovative mRNA-Therapie.
- Alg4Nut – Algen in der Wiederkäuerfütterung: Koordiniert von Prof. Mikro Basen von der Universität Rostock. Dieser Verbund erforscht das Potenzial einheimischer Ostseealgen für die Ernährung von Rindern. Ziele sind die Verbesserung der Tiergesundheit, die Verringerung der Methanfreisetzung und die Nutzung natürlicher Ressourcen als Beitrag zum Klimaschutz. Das Projekt umfasst Laborexperimente und eine Machbarkeitsstudie zum Freilandanbau von Algen im Kühlwasserablauf der Energiewerke Nord in Lubmin.
- AutoPasture – Digitale Anwendungen für ein autonomes Herden- und Weidemanagement von Rindern:Koordiniert von Prof. Dr.-Ing. Mark Vehse an der Hochschule Stralsund. Das Bündnis zielt darauf ab, zukunftsfähige, tierwohlgerechte Lösungen für die Rinderhaltung zu entwickeln, indem es die Weidehaltung automatisiert und den personellen Aufwand reduziert. Als Reallabore dienen Milchviehhaltung, produktionsorientierte Mutterkuhhaltung und die Haltung von Wasserbüffeln. Forschungsfragen umfassen die Auswirkungen der Beweidung auf die Vegetation, strategische Beweidung zur Unkrautverhinderung, Förderung der Biodiversität, Auswirkungen der Technologie auf das Tierwohl sowie Grenzen und Möglichkeiten der Automatisierung. Partner sind die Universität Rostock, die Hochschule Neubrandenburg, das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie und der Forschungsverbund MV, unterstützt durch die assoziierten Partner Fraunhofer IGP und Fraunhofer IGD Rostock. Das Projekt wird ebenfalls mit 5 Millionen Euro über vier Jahre gefördert. Das Konsortium ist bestrebt, Nachwuchswissenschaftlern Qualifizierungsmöglichkeiten zu bieten und unternehmensnahe Lösungen zu entwickeln.
Vielfalt der Innovation: Die geförderten Einzelprojekte
Zusätzlich zu den Forschungsverbünden werden zehn Einzelprojekte gefördert, die sich ebenfalls durch Anwendungsorientierung und regionalen Bezug auszeichnen. Zu den geförderten Projekten gehören:
- WeGA – Weltraumwetterdienste für Präzise GNSS Anwendungen (Leitung: Dr. Mainul Hoque, DLR Neustrelitz).
- ASS-HydEff – Aktive Strömungskontrolle am Schiffsrumpf zur hydrodynamischen Effizienzsteigerung (Leitung: Prof. Sven Grundmann, Universität Rostock).
- BioCraft – Enzymatisch funktionalisiertes Bioplastik aus regional gewonnenen grünen Polysacchariden (Leitung Prof. Klaus Herburger, Universität Rostock).
- PlaCOs ‚Plasma Carbon Splitting‘ – Verbesserung der Selektivität und Energieeffizienz bei der CO₂-Spaltung (Leitung: Dr. Nils Fahrenkamp, Universität Greifswald).
- innovative mRNA-Therapie – Innovative Antibiotikatherapie durch ein mRNA-basiertes Expressionssystem für antibakterielle Proteine in humanen Zellen (Leitung Dr. Moritz Janssen, Universitätsmedizin Rostock).
- SweetMV – Erhöhung des Zuckerertrags der Zuckerrübe zur Steigerung der Wertschöpfung (Leitung Prof. Andreas S. Richter, Universität Rostock).
- BiValve – Innovative Aortenklappenprothesen als Präzisionsimplantat für die interventionelle Kardiologie (Leitung: Prof. Alper Öner, Institut für ImplantatTechnologie und Biomaterialien e.V.).
- FlussMRTQA – Prüfmethoden für die Qualitätssicherung der MRT-basierten Blutflussmessung (Leitung: Dr. Martin Bruschewski, Universität Rostock).
- KIVib-Küste – Digitalisierte und KI-gesteuerte Vibrio Bewertung von Küstengewässern (Leitung: Dr. Daniel Herlemann, Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde).
- FAVORS – Frühwarnsystem Anastomosen Versagen durch Organische Resorbierbare Sensorik (Leitung: Prof. Sebastian Hinz, Universitätsmedizin Rostock).
Qualität sichern: Strenges Auswahlverfahren
Zuerst bewerteten externe Fachgutachter die 44 eingereichten Projektskizzen. Anschließend wählte eine unabhängige Expertenjury unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Christoph Markschies, Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, die fünf besten Forschungsverbünde aus. Die große Anzahl exzellenter Einreichungen zeige die hohe Qualität und Vielfältigkeit der Forschungslandschaft in MV.
Die Auswahl der geförderten Projekte erfolgte mit einem klaren Fokus auf Aktionsfelder und Querschnittstechnologien mit einem eindeutig regionalen Anwendungsbezug. Die Förderung ist zudem an die Themen der Regionalen Innovationsstrategie (RIS) geknüpft. Wissenschaftsministerin Bettina Martin übergab die Förderbescheide am 10. März 2025 in Schwerin an insgesamt 35 Projektpartner von 15 beteiligten Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Drei Förderlinien für gezielte Projektunterstützung
- Forschungsverbünde: Fünf Forschungsverbünde erhalten über vier Jahre, von April 2025 bis März 2029, jeweils rund fünf Millionen Euro, was ein Gesamtvolumen von 25 Millionen Euro ausmacht. Ziel ist es, den Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft zu unterstützen, exzellente Forschungsstrukturen mit überregionaler Bedeutung zu stärken, neue wirtschaftliche Zukunftsfelder in MV zu erschließen und die Vernetzung der Einrichtungen für die wirtschaftliche Anwendung zu verbessern.
- Einzelprojekte: Zehn Einzelprojekte werden mit einem Gesamtbudget von 2,42 Millionen Euro gefördert. Die Laufzeit beträgt zwölf Monate, wobei jedes Projekt bis zu 300.000 Euro erhalten kann.
- Zweite Förderrunde: Weitere 10 Millionen Euro sind für eine zweite Förderrunde für Forschungsverbünde vorgesehen, die im März gestartet wurde.
Ausblick: Stärkung für die Zukunft
Wissenschaftsministerin Martin zeigte sich zuversichtlich, dass auch in der zweiten Bewerbungsrunde exzellente Einreichungen zu erwarten sind. Sie wünschte den nun startenden Projekten erfolgreiche Arbeit und hoffte, dass viele gute Forschungsergebnisse ihren Weg in die Anwendung finden und aktiv zur Zukunftsfähigkeit des Landes beitragen werden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Europa sei eine stärkere Investition in die Wissenschaft notwendig, und Mecklenburg-Vorpommern leiste mit dieser Förderung seinen Beitrag, um das Land stark für die Zukunft zu machen.
Verwendete Quellen:
- https://www.europa-mv.de/foerderinstrumente/fonds_mv/?id=209209&processor=processor.sa.pressemitteilung
- https://www.dlr.de/de/kn/aktuelles/nachrichten/dlr-neustrelitz-erfolgreich-mit-air-mopsy
- https://www.med.uni-rostock.de/medien/pressemitteilungen/aktuelles/news/exzellenzforschung-in-mv-ki-tierwohl-erforscht-innovative-ansaetze-fuer-tierwohl-und-gesundheit
- https://www.hochschule-stralsund.de/host/aktuelles/news/detail/n/hochschule-brilliert-mir-forschung-fuer-landwirtschaft-234905/
- https://www.inp-greifswald.de/
- https://medlabportal.de/mecklenburg-vorpommern-foerdert-hautkrebsforschung-mit-target-h/
- https://www.hs-nb.de/hochschule/aktuelles/nachrichten/